Verabschieden Sie sich still und heimlich.
Bloss kein Drama. Bloss kein Dank. Schon gar nicht auf LinkedIn.
Denn was sollen denn die anderen denken? Dass man sich nicht einig war? Dass die Chemie nicht stimmte? Dass es vielleicht intern doch nicht so rosig ist, wie das Employer Branding suggeriert? Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel kann das fatal sein.
Deshalb lieber: Neuzugänge feiern, Abgänge verschweigen.
Klar, es geht um das Bild nach aussen.
Wer offen über Abschiede spricht, riskiert Zweifel an der Stabilität. In einem Markt, in dem Unsicherheit sofort misstrauisch beäugt wird, will niemand Schwächen zeigen. Wer seriös wirken will, kommuniziert Erfolge – und schweigt über alles andere.
Und noch etwas: Auch Führung steht auf dem Spiel.
Gerade Führung soll Sicherheit vermitteln. Das Gefühl: Wir haben alles im Griff. Wir machen keine Fehler. Wir sind stabil. Ein offen kommunizierter Abschied könnte dieses Bild erschüttern – deshalb lieber still zur Tagesordnung übergehen und hoffen, dass Gras über die Sache wächst.
Und genau deshalb machen wir es beim ZfV anders.
Wir glauben nicht an das Märchen der perfekten Organisation.
Wir glauben an das Vertrauen, das entsteht, wenn wir offen mit Entwicklungen umgehen.
Führung bedeutet für uns nicht, den Schein zu wahren – sondern mutig zu gestalten, auch wenn es wehtut.
Dazu gehört, Abschiede zu würdigen.
Dazu gehört, sich selbst als Führungskraft in Frage zu stellen.
Dazu gehört, transparent zu sagen: Nicht alles lief perfekt. Aber wir lernen. Und wir wachsen daran.
Denn Perfektion ist keine Führung. Mut ist Führung.
Abschied ist ein bisschen wie sterben.
In meiner Kindheit wurde ich regelmässig von der Musikauswahl meiner Mutter „terrorisiert“.
Sonntags weckten mich Schlager, in denen Menschen über sieben Brücken gingen, jeder seine eigene Insel hatte oder die Santa Maria hochleben liess.
Eines dieser Lieder hiess: „Abschied ist ein bisschen wie sterben.“
Damals fand ich das pathetisch. Heute weiss ich: Es stimmt.
Wir alle mussten schon Abschied nehmen – von geliebten Menschen, von Tieren, von Lebensphasen oder Träumen.
Und jedes Mal stirbt ein kleiner Teil von uns mit. Nicht für immer. Aber für einen Moment. Für einen Lebensabschnitt.
In Teams und Organisationen wird diese Phase oft übergangen.
In der Gruppendynamik ist sie eigentlich gut beschrieben – das „Adjourning“, der Abschluss, das Loslassen.
Doch anstelle von Gestaltung gibt es häufig nur Schweigen. Die einen klammern sich, idealisieren die gemeinsame Zeit. Die anderen reden alles schlecht – fast erleichtert, dass es vorbei ist.
Abschied von Anita.
In dieser Woche nehmen wir Abschied von Anita Mangold.
Am 1. März gestartet – zu meiner und unserer grossen Freude. Endlich jemand Kompetentes im Bereich Administration. Und es wirkte sofort: Unsere Abläufe wurden funktional. Unsere Kund:innen bei Kampahire und beim ZfV bekamen plötzlich Rechnungen (na gut, die Freude war vielleicht einseitig). Vieles im Hintergrund wurde aufgebaut, dokumentiert und strukturiert.
Und doch: Es war zu viel.
Die Spannungen des Aufbaus in einem Start-up, das ständige Nachjustieren, das noch Unfertige. Unser System, das wir selbst noch nicht in der Tiefe verstehen. Das alles braucht mehr Energie als wir dachten – und Anita war nicht bereit, diese langfristig aufzubringen und setzte da eine Grenze. Was legitim ist. Und respektiert gehört.
Dank ihrer Arbeit sind wir heute „safe to work“.
Aber es bleibt ein Gefühl des Verlusts. Und auch ein Gefühl des Versagens meinerseits. Weil eine Idee, eine Gemeinschaft in dieser Zusammensetzung endet. Weil ich mich frage: Hätte ich präsenter sein sollen? Mehr Sparring geben müssen? Auch wenn ich von der Materie wenig Ahnung habe – hätte ich den Raum besser mitgestalten sollen?
Diese Fragen bleiben. Für später.
Jetzt sage ich und sagen wir:
Danke, Anita.
Danke, dass du uns vorangebracht hast.
Danke für deine Klarheit, dein Engagement, deine Geduld.
Und alles Gute.